
Die Handlung
Nur langsam enthüllt sich der Kern der Handlung, um den es geht. Daher einige Vorbemerkungen.
Florestan, der „Edle, der für Wahrheit stritt“, ein Freund des Ministers Don Fernando, wusste von den verbrecherischen Taten Don Pizarros, des Gouverneurs eines spanischen Staatsgefängnisses. Aus der Furcht, Florestan könne seine Schandtaten aufdecken, ließ Don Pizarro ihn in das tiefste unterirdische Verließ seines Gefängnisses bringen. Niemand, auch nicht Don Fernando, weiß es; er hält den Freund für tot. Aber Leonore, Florestans liebende Gattin, ahnt den Ort der Gefangenschaft und beschließt, Florestan zu retten.
Um ihm nahe zu sein, tritt sie in Männerkleidung als „Fidelio“ in den Dienst des Kerkermeisters Rocco.
Hof des Staatsgefängnisses. Tändelndes Spiel in der Eingangsszene. Der Pförtner des Gefängnisses Jaquelino umwirbt Roccos Tochter Marzelline. Er hat alle Ursache zur Eifersucht; denn sein „Schätzchen“ gibt, nachdem Fidelio ins Haus trat, diesem den Vorrang. Rocco stimmt ihrer neuen Wahl zu. Fidelio (Leonore) hat völlig das Vertrauen des Kerkermeisters gewonnen, und dieser will den darum bittenden Fidelio in die Kerker mitnehmen – mit Ausnahme eines tiefliegenden Gewölbe-Kerkers „ohne Licht und Stroh“. Hier liegt, so sagt Rocco – ein Mann schon zwei Jahre lang und ist nun zum Hungertode verurteilt. Fidelio-Leonore vermutet in ihm sicher ihren Florestan: „Ich habe Mut. Mit kaltem Blut will ich hinab mich wagen.“ – Pizarro, der Gouverneur, kommt. Ihm wird ein warnender Brief übergeben: Der Minister Don Fernando wisse von der Willkür Don Pizarros und sei unterwegs, das Gefängnis daraufhin überraschend zu untersuchen. Pizarros Versuch, Rocco zu überreden, Florestan zu ermorden, gelingt nicht. Da beschließt Don Pizarro, vor der Ankunft des Ministers, Florestan selbst zu erstechen und befiehlt Rocco, dort unten im Verließ das Grab für den Leichnam zu graben.
Leonore hat das Gespräch erlauscht: „Abscheulicher! – Komm, Hoffnung, lass den letzten Stern der Müden nicht erbleichen! – Mich stärkt die Pflicht der treuen Gattenliebe.“ Sie bittet den Kerkermeister, die Gefangenen für eine kurze Zeit aus ihrem Dunkel in den Festungsgarten zu lassen, Die Gefangenen kommen: „0, welche Lust, in frischer Luft den Atem leicht zu heben!“ Eine erschütternde Szene. Leonore findet unter diesen Gefangenen ihren Florestan nicht. Rocco verspricht ihr, noch heule mit ihr in das tiefste Verließ zu gehen, in dem beide die Gruft graben sollen. überraschend kommt Don Pizarro; auf seinen Befehl werden die Gefangenen eilig wieder ins Gefängnis gebracht.
Ein unterirdischer dunkler Keller. Florestan, dem Wahnsinn nahe, sieht visionär seine Leonore als rettenden Engel. Rocco kommt, mit Fidelio, wie befohlen, das Grab zu schaufeln. Leonore erkennt den Gefangenen und labt ihn mit Wein und Brot: „Sei ruhig! Überall ist eine Vorsehung!“ Schon drängt es sie, sich Florian zu erkennen zu geben, – da kommt, zunächst vermummt, Don Pizarro. Als er den Dolch gegen Florestan erhebt, wirft sich Leonore zwischen beide: „Durchbohren musst du erst diese Brust. Töt erst sein Weib!“ Sie hält ihm drohend eine Pistole entgegen, – da verkünden draußen Trompetensignale die Ankunft des Ministers Don Fernando. Pizarro stürzt eilig davon. Duett Florestan-Leonore: „0 namenlose Freude!“
Paradeplatz des Schlosses. Chor der befreiten Gefangenen: „Heil sei dem Tag, – der Stunde!“ Der Minister will „der Frevel Nacht enthüllen“ und erkennt seinen Freund Florestan. Pizarro wird gefangen weggeführt. Fernando bekennt: „Gerecht, o Gott, ist dein Gericht!“ Nachdem Leonore ihrem Florestan selbst die Ketten löste, rühmt dieser Leonores treue Liebe: „Wer ein solches Weib errungen, stimm in unsern Jubel ein!“, und mit diesem Jubel des Chores endet Beethovens großes Werk.
Ludwig van Beethoven
(16. Dezember 1770 bis 24. März 1827)
Als Ludwig van Beethoven in Bonn geboren wurde, hielt dort der Kölner geistliche Kurfürst seine Hofkapelle. Zu ihr gehörten auch des Neugeborenen Vater und Großvater. Des Vaters Bemühen, den Knaben zu einem musikalischen Wunderkinde zu machen, halfen mit, Beethovens Jugendjahre zu verdüstern. Mit 8 Jahren war er ein guter Geiger, 1781 erschienen seine ersten Klavierkompositionen im Druck, 1786 wurde er als 15-jähriger Hofcembalist zum zweiten Hoforganisten befördert. Seit 1792 war und blieb Wien Beethovens neue Heimat. Der schwerblütig ringende Mann bekannte 1793: „Wohltun, wo man kann, Freiheit über alles heben, Wahrheit nie, auch sogar am Thron nicht verleugnen!“ Schon 1793 klagte er: „Mein Gehör ist immer schwächer geworden“; noch konnte die krankhafte Entwicklung einige Zeit aufgehalten werden, aber als im Mai 1824 seine IX. Symphonie aufgeführt wurde, war er schon völlig taub. Am Ende seines schaffensreichen Lebens lautete sein Bekenntnis: „Frei bin ich von allen kleinlichen Eitelkeiten. Nur in der göttlichen Kunst sind die Hebel, die mir die Kraft geben, den himmlischen Musen den besten Teil meines Lebens zu opfern.“
Das Gesamtwerk Beethovens ist die musikalische Verkörperung des Begriffs „Heldentum“ (Storck). Der Berliner Musikschriftsteller Professor Hans Joachim Moser urteilt: „Den begnadetsten Tonkünstlern unter den Großmeistern der deutschen wie der Weltkunst an Adel, Reichtum und Schönheit der musikalischen Gedanken ebenbürtig, reicht er doch über ihren Kreis hinaus.“
Seine Oper „Fidelio“, seine einzige, wurde 1805 als „Lenore“ (daher der Name der verschiedenen „Lenoren-Ouvertüren“) ohne sonderlichen Beifall aufgeführt. Umgearbeitet errang die Oper 1815, nun unter dem Titel „Fidelio“, ihren großen Erfolg. „Der ehelos gebliebene Frauenlob Beethoven gestaltet in seinem „Fidelio“ ein Hoheslied der Gattenliebe von metaphysischer Hintergründlichkeit und erschütternder Gewalt.“ (Prof. H. J. Moser).
Informationen
Nummernoper mit gesprochenen Dialogen
Komponist: Ludwig van Beethoven
Librettist: Sonnleithner, von Breuning, Treitschke
Uraufführung: 20. November 1805
Ort: Wien
Spielstätte: Theater an der Wien
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