
Die Handlung
Die Handlung der dreiaktigen Operette führt uns in die Mitte des 18. Jahrhunderts. In dem südungarischen Banat wohnt nahe einem verfallenen Schlosse der reiche Schweinezüchter Kalman Zsupan mit seiner Tochter Arsena. Er hat große Teile des zu dem Schlosse gehörenden Gutes unrechtmäßig an sich gebracht, nachdem dessen Besitzer mit Weib und Kind ins Exil geschickt worden war, weil er es in Prinz Eugens siegreichen Türkenkrieg (1716-18) mit dem Feinde gehalten hatte. Es geht das Gerücht, er habe vorher in Schlossnähe einen großen Schatz vergraben, Seitdem verging fast ein halbes Jahrhundert Der Exilierte blieb verschollen.
1. Akt
Zu Beginn des 1. Aktes gräbt nach diesem Schatz wieder einmal Ottokar, der Sohn Mirabellas, der Erzieherin Arsenas, die Ottokar liebt. Die Zigeunerin Czipra warnt ihn, da sie an die Wiederkehr des rechtmäßigen Besitzers glaubt. Nun sind durch die Fürsprache des Grafen Homonay die exilierten Magyaren amnestiert und heimberufen worden. Unter ihnen ist Sandor Barinkay, der Sohn des früheren Schlossbesitzers. Er wird von Donauschiffern (ihr Gesang zu Beginn), von dem Kgl. Kommissar Conte Carnero herbegleitet, das väterliche Erbe zu übernehmen, das verfallene Schloss und „ein Dorf voll Zigeuner“. Carnero warnt Barinkay vor dem Schweinezüchter Zsupan: „Das einzig Gute an ihm ist seine schöne Tochter“ (Arsena). Die Zigeunerin Czipra erkennt den jungen zurückgekehrten Emigranten und deutet ihm und Carnero die Zukunft. Auch Zsupan wird als Zeuge der Übernahme des Besitztums geholt, bekennt, des Schreibens unkundig, seinen „idealen Lebenszweck“, nur widerwillig macht er sein Kreuz in die Akte zur Übergabe. Um des Friedens willen, um Streitigkeiten zwischen ihnen zu vermeiden, beschließen Zsupan und Barinkay „kurzen Prozess“ zu machen, die Heirat des Heimgekehrten mit Arsena. Arsena soll geholt werden. Als aber vorher Mirabella kommt, sich den Freier anzusehen, erkennt sie in Carnero ihren Gemahl, den sie seit der Schlacht von Belgrad vor 24 Jahren tot glaubte, und auch Ottokar begrüßt seinen Vater. Barinkay ist von der Schönheit der herbeigeholten Arsena entzückt. Arsena mit ihrem „etwas romantischen Hang“ will auf ihren Ottokar aber nur dann verzichten, wenn ihr bewiesen werde, der neue Freier sei „mindestens Baron“. Das Lied des naiven Zigeunermädchens Saffi, der Tochter Czipras, drängt Barinkay auf die Seite der Zigeuner. Als Saffi sich anschickt, den neuen Herrn nach dem Schlosse durch das Dämmern zu führen, sind beide ungewollt Zeugen einer Liebesszene zwischen Ottokar und Arsena. Heimkehrenden, singenden Zigeunern erzählt Czipra, ihr rechtmäßiger Woiwode sei gekommen, und Barinkay wird von ihnen freudig begrüßt. „Da hab ich, was ich brauchen kann“, meldet er dem herausgeklopten Schweinezüchter, doch als Arsena höhnt: „Adel von Zigeuners Gnaden“ da entschließt er sich für Saffi: „Mein Weib wird diese hier.“ Nach einem heftigen Gegeneinander der Gruppe um Zsupan und der Zigeuner wird Barinkay von den Zigeunern auf die Schultern gehoben, und er bekennt: „Das ist mein Thron, weil ich ein Baron der Zigeuner bin.“
2. Akt
Zigeunerlager bei dem Schlosse. In der Nähe ein Eisenwerk. Morgendämmerung. Barinkay ist bei den Zigeunern geblieben, und Saffi ist sein Weib geworden. Sie erzählt ihm ihren Traum von dem sagenhaften Schatz des Vaters. Barinkay klopft gegen das Gemäuer und findet ihn. Zigeuner kommen und beginnen ihre Arbeit. Der große Schweineherr ist in der Nähe mit seinem Wagen stecken geblieben und sucht Hilfe. Während einer humorvollen Szene werden ihm seine ängstlich gehüteten Beutel Geld gestohlen. Barinkay und Saffi kommen in Woiwodenkleidung und nehmen für die Zigeuner Partei. Auf eine Frage antworten sie: „Wer uns getraut –? Der Dompfaff hat uns getraut – –.“
Barinkay zeigt ihnen den Goldschatz, in dem Carnero die lange gesuchte Kriegskasse vermutet. Fanfarenklänge: Graf Homonay kommt als Führer einer Gruppe von Werbehusaren; denn Ungarn wird wieder vom Feinde bedroht. Eine bunte Werbeszene, in der Barinkay begeistert seinen Goldschatz hergibt. Als der „Sittenkommissar“ Carnero ihm vorwirft, er lebe mit einer Zigeunerin in unerlaubter Ehe, bekennt Czipra, Saffis Vater sei der letzte Pascha im Ungarland, Saffi also ein Fürstenkind. Zunächst enttäuscht, lässt nun auch Barinkay sich anwerben. Allgemeiner Aufbruch.
3. Akt
In Wien. Die siegreichen Truppen werden aus Spanien zurückerwartet. Zsupan renommiert weidlich, anerkennt aber Barinkays Tapferkeit. Ihm, dem Zigeunerbaron, wird ein königliches Dokument überreicht: die Schlossschätze und das Adelsprädikat werden ihm zugesprochen. Allgemeine Versöhnung. Ottokar bekommt Arsena, und der Zigeunerbaron seine Suff i, Allgemeiner Schlussgesang: „Ja, das alles auf Ehr!“
Johann Strauß
„Der Mann, der des Abends nach der Arbeit seine Ziehharmonika spielt und vielleicht dazu ein Lied summt, ist dabei glücklich. Man soll ihn nicht unglücklich machen, indem man ihm etwas anderes höher Stehendes zeigt, das doch nicht sein dauernder Besitz werden kann.“ (Prof. Peter Raabe.)
Es ist die selbstverständliche Absicht der Leitung der „Eutiner Sommerspiele“, sie auf unantastbar künstlerischer Höhe zu halten. Diesem Grundsatz blieb sie auch treu, als sie Johann Strauß' „Zigeunerbaron“, das Kind einer leichten Muse, auf das Programm der Freilichtbühne im Schlosspark setzte.
Fällt der Name „Strauß“ als der eines Komponisten, so fragt man wohl: „Welcher Strauß?“, wie man auch wohl die Frage stellt: „Welcher Bach?“ Diese Namen umreißen zwei durch anderthalb Jahrhunderte und durch die Wesensverschiedenart ihrer Musik deutlich getrennte Künstlerfamilien während mehrerer Generationen. War die ernst-fromme Familie Bach in Thüringen und Sachsen „zu Hause“, so konnte die Strauß-Familie nur in der Wiener Luft leben.
Der Komponist des „Zigeunerbarons“ war der Sohn des 1804 in Wien geborenen gleichnamigen Vaters. Johann Strauß Vater gründete nachdem er in Lanners Tanzkapelle als Violinsolist fange gewirkt hatte, zwanzigjährig, ein eigenes Orchester. Als Tanz-Komponist wie als Dirigent wurde er in Wien und auf seinen weiten Kunstreisen überschwänglich gefeiert. Er starb früh, 1849, als k. u. k. Hofballmusikdirektor.
Sein Orchester wurde von Johann Strauß Sohn übernommen, der 1825 geboren war und, ebenfalls als Hofballmusikdirektor 1899 starb. Wenn man kurz von „Johann Strauß“ spricht, so meint man ihn, den „Wiener Walzerkönig“. Seine melodiösen und kunstvoll instrumentierten Walzer („An der schönen blauen Donau“, „Kaiserwalzer“, „Geschichten aus dem Wiener Wald“, „Rosen aus dem Süden“ und viele andere) erfreuen noch heute, wie sie damals begeisterten, wenn er mit seinem Orchester die Großstädte Europas bereiste.
Auch seine beiden Brüder und des Bruders Eduard Sohn Johann Strauß III., auch er Anfang dieses Jahrhunderts Kaiserlicher Hofballmusikdirektor in dem damals so fröhlichen Wien, waren fleißige Tanzkomponisten.
Johann Strauß Sohn wandte sich 1870 der leichteren Oper, der Operette zu, und auch in ihr herrscht (wie könnte es anders sein) der Wiener Walzerrhythmus, „Wiener Blut“, vor.
Von seinen Operetten haben vor allem die „Fledermaus“ (1874) und der „Zigeunerbaron“ (1885) Zeiten und Katastrophen überdauert.
Informationen
Operette in drei Akten
Komponist: Johann Strauss (Sohn)
Librettist: Ignaz Schnitzer
Literarische Vorlage: Novelle Sáffi von Maurus Jókai
Uraufführung: 24. Oktober 1885
Ort: Wirt
Spielstätte: Theater an der Wien
Hinweis: Die historischen Texte und Abbildungen dieser Rückschau (bis in die 1950er Jahre) stammen aus den jeweiligen Programmheften und Fotosammlungen und spiegeln ihre Zeit. Sie könnten Begriffe und Darstellungen enthalten, die heute als diskriminierend oder unangemessen gelten. Die Eutiner Festspiele distanzieren sich daher ausdrücklich von solchen Inhalten. Auch die Erwähnung teils umstrittener Persönlichkeiten erfolgt ausschließlich im historischen Zusammenhang. Der digitale Rückblick soll Geschichte transparent machen und zur kritischen Auseinandersetzung mit Sprache, Haltung und Zeitgeschehen anregen. Wo erforderlich, ergänzen wir erläuternde Hinweise. Hinweise auf sachliche Fehler oder notwendige Kontexte nehmen wir gerne unter info@eutiner-festspiele.de entgegen.