Glanzvolle Eröffnung der neuen Tribüne
Die neue Spielstätte der Eutiner Festspiele erntet großes Lob und hat einen Rekord beim Kartenverkauf befördert
Herrliches Sommerwetter, erste Kostproben aus der neuen Freischütz-Inszenierung, viele prominente Redner und vor allem großes Lob für die neue Tribüne: So holperig der Weg zum Bau des neuen Schmuckstücks der Eutiner Festspiele und der ganzen Stadt auch war, so glanzvoll war die vom Sänger Tom Gaebel moderierte Eröffnung am Freitagabend, 28. Juni 2024.
Opern-Geschäftsführer Falk Herzog begrüßte fast 2000 Gäste auf der voll besetzten neuen Tribüne, darunter neben geladenen Besuchern auch viele Eutiner, die Karten bei einer Verlosung der Festspiele gewonnen hatten.
Grund zu Stolz auf Stadt und mutige Stadtvertreter
An sie wandte sich Herzog direkt: „Ich weiß, die Eutiner sind mit Herzenslust kritisch gegenüber allem, was ihre Stadt zuwege bringt. Aber diese neue Freilichtbühne ist endlich mal wieder ein guter Grund, stolz zu sein – stolz auf Ihre Stadt, stolz auf den Mut der Stadtvertretung, in äußerst krisenhafter Zeit eine neue Tribüne zu bauen.“
Die neue Tribüne setze ästhetische Maßstäbe, was offenbar schon in den vergangenen Wochen und Monaten eine große Neugier entfacht hat. Die Festspiele hätten mit rund 43.000 Karten im Vorverkauf bereits alle Rekorde der vergangenen 73 Jahre gebrochen, sagte Herzog.
Eutin hat kulturelles Herz gezeigt
Von einem Tag der Freude und etwas Großartigem, das in Eutin entstanden sei, sprach der Festspiel-Schirmherr und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Eutin habe ein kulturelles Herz gezeigt. „Der Bau der neuen Tribüne ist eine Gemeinschaftsleistung, die zeigt, wir in Schleswig-Holstein stehen zu unserer kulturellen Verantwortung.“ Der Ministerpräsident stellte die Festspiele in eine Reihe mit Veranstaltungen vom Schleswig-Holstein Musikfestival bis Wacken.
Bürgermeister Sven Radestock (Grüne) sprach gar von der schönsten Bühne Europas. Für Heiterkeit sorgte er mit einer Liebeserklärung im Namen der Eutiner an die neue Tribüne: „So wie Hamburg seine ‚Elphi‘ liebt, werden wir unsere Seebühne lieben – unsere ‚Seebü‘!“, sagte der Bürgermeister, der auch von Problemen berichtete, wie Lieferschwierigkeiten für das Gestühl der Tribüne, das deswegen beinahe nicht pünktlich zur Saison aufgebaut gewesen wäre.
Architekt Holger Moths‘ Elphi-Vergleich
Architekt Prof. Holger Moths griff den Vergleich zur Elbphilharmonie auf und fügte ihm einen weiteren hinzu, der ebenfalls für Schmunzeln sorgte: „Die Elphi hat im großen Saal fast genau so viele Sitzplätze wie Eutin – mit dem kleinen Unterschied, dass dieses Bauwerk nur einen Bruchteil der Elphi gekostet hat.“
Dass die Kosten am Ende mit voraussichtlich 17 Millionen Euro, von denen die Stadt 11,2 Millionen trägt, wesentlich höher sein werden als die zunächst veranschlagten 6,1 Millionen Euro, erwähnte er nicht. Das Bauwerk stelle die Stadt nun aber auch vor die große Herausforderung, hier einen kulturellen Mittelpunkt zu schaffen. „Ein neues Denken ist an der Zeit“, forderte Moths.
Beschluss kurz vor dem Lockdown
Die Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn (SPD) erinnerte an die besonderen Umstände, unter denen über die Bundesförderung von insgesamt 5,5 Millionen Euro entschieden wurde. Die zweite Tranche sei nämlich am 11. März 2020, wenige Tage vor dem ersten Corona-Lockdown, beschlossen worden.
Damals hätten alle erlebt, was es bedeute, keine Kultur mehr zu haben. Um so wichtiger sei die Förderung für die Tribüne gewesen.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Ingo Gädechens würdigte die Tatkraft des Opern-Geschäftsführers. „Wenn Falk Herzog nicht in dieser Zeit Geschäftsführer gewesen wäre, würden Sie, glaube ich, nicht auf diesen Stühlen sitzen“, sagte er an das Publikum gewandt.
Der Präsident des Deutschen Landkreistags und ehemalige Landrat Ostholsteins, Reinhard Sager (CDU), erklärte mit Blick auf besondere Attraktionen in anderen Kreisen: „Hier in Eutin feiern wir die Eröffnung von etwas ganz und gar Unvergleichlichem.“ Die neue Tribüne mit ihrer wunderbaren Form, mit dem Rücken zum Großen Eutiner See, eingebettet in den Schlosspark sei einmalig.
Kulturhauptstadt Schleswig-Holsteins
Mit der Bescheidenheit eines Ostholsteiners würdigte Sagers Nachfolger als Landrat, Timo Gaarz, in launigen Worten die Einweihungsfeier. „Die Welt schaut heute auf die Tribüne der Eutiner Festspiele“, erklärte er und ernannte Eutin zur heimlichen Kulturhauptstadt Schleswig-Holsteins. Die Tribüne sei eine architektonische und handwerkliche Meisterleistung, und er sei mit Falk Herzog einer Meinung: „Alle Herausforderungen werden am Ende vergessen sein, weil das Ergebnis einfach gut ist.“
Erste Hörproben
Mindestens ebenso viel Beifall wie die Verantwortlichen des Tribünenbaus erhielten Sopranistin Ann-Kathrin Niemczyk und Tenor Marius Pallesen. Sie gaben mit Arien der „Agathe“ und des „Max“ erste Hörproben aus der aktuellen Inszenierung der für die Festspiele grundlegenden Weber-Oper „Freischütz“. Ebenso mit viel Applaus bedacht wurde die Kammerphilharmonie Lübeck, Sänger Tom Gaebel sowie Sprachkritiker Bastian Sick für seine erstaunlichen Einblicke in die Auswirkungen sprachlicher Korrektheit oder Künstlicher Intelligenz auf Sprache in der Oper.
Überraschung zum Schluss
Den überraschenden Schlusspunkt setzte aber Festspiel-Geschäftsführer Falk Herzog mit einer Ankündigung zur laufenden Fußball-Europameisterschaft: „Wenn Deutschland am 14. Juli im Endspiel ist, dann machen wir hier ein Public Viewing“, versprach er. Das wäre eine weitere Premiere für die Festspiele, deren Spielzeit am 5. Juli mit dem Musical „Jesus Christ Superstar“ startet.