Erst wird die Bühne abgebaut, dann die Tribüne abgerissen
Es wird ein historischer Moment für viele Eutiner werden, wenn die 46 Jahre alte Tribüne der Eutiner Festspiele ab Oktober abgerissen wird.
Gut 1,2 Millionen Besucher haben allein zwischen 1976 und der 71. Spielzeit 2022 auf der alten Tribüne der Eutiner Festspiele gesessen. Jetzt wird geschraubt: Erst wird die Bühne der Festspiele zurückgebaut, auf der zuletzt die sieben Bürgermeisterkandidaten Montagabend für sich geworben haben, dann rollt der Bagger und Bauzaun an. Anfang Oktober ist der Abrissbeginn geplant, heißt es aus dem Rathaus.
Stadt ist optimistisch, Festspiele hoffen auf fertige Tribüne im Sommer 2024
Festspiele-Geschäftsführer Falk Herzog sagt mit Blick auf die leeren braunen Stühle: „Zwei Herzen schlagen in meiner Brust. Zum einen hat diese Tribüne die Eutiner Festspiele durch wirklich wilde Zeiten begleitet und zum anderen bin ich gespannt auf die Zukunft.“
Die Stadt Eutin schreibt in ihrer offiziellen Pressemitteilung zu den bald beginnenden Bauarbeiten von einer Fertigstellung in 2024. Doch wichtige Voraussetzungen für die Einhaltung des Zeitplans fehlen noch – allen voran die Grunddienstbarkeit der Stiftung Schloss Eutin, die Voraussetzung für Fördermittel- und Bauantrag ist. „Wir haben aus unserer Sicht alles mögliche getan, damit das Baufeld schnellstmöglich frei ist und entgegen der ursprünglich verabredeten neun Monate Bauzeit, auch eine Lösung für nun 18 Monate Bauzeit gefunden“, sagt Herzog. Aber ihn sorge, dass der zuständige Hamburger Architekt Holger Moths seit einiger Zeit von einem „Plan B“ für 2024 spreche.
Küchengarten Festspiele keine Spielstätte
Der Plan B für 2023, im Küchengarten eine Interimstribüne aufzubauen, um dort eine Spielsaison eigene Inszenierungen bieten zu können, scheiterte in den Verhandlungen mit dem Schloss Eutin. Die Festspiele sagten darauf die eigentlich geplante Musical-Inszenierung von West-Side-Story ab und kündigten an, 2023 den Gäste mit Konzerten ein vielfältiges Kulturprogramm zu bieten. „Wir haben uns Mittwochvormittag den Schlossparkplatz angeschaut und sind sicher, dass wir die Saison 2023 mit einem breiten Konzertprogramm überbrücken können. Aber so etwas klappt nicht zwei Jahre in Folge und wir wollen nicht, dass die Stadt am Ende eine neue Tribüne hat, aber keinen Betreiber mehr“, macht Herzog deutlich.
Schlossparkplatz Festspiele
Und auch die Stadt Eutin hat ein ernsthaftes Interesse, die Tribüne pünktlich fertig zu stellen. Denn wenn nicht bis Dezember 2024 die Fördermittel verbaut und abgerechnet sind, so der Bauamtsleiter in einer jüngsten Sitzung, bleiben die Kosten von derzeit kalkulierten 9,2 Millionen Euro allein bei der Stadt. Die Eutiner Festspiele brauchen, um 2024 spielen zu können, die Tribüne ein gutes halbes Jahr eher. Denn Probenbeginn ist etwa sechs Wochen vor der ersten Premiere.
Eine Sanierung der bestehenden Stahlkonstruktion von 1976 hatte Herzog der Politik vor Monaten vorgeschlagen als Plan B, als deutlich wurde, dass Moths mit der doppelten Bauzeit rechnet. Doch auch mit Blick auf den großen Anteil an Fördermitteln war dies öffentlich nicht weiter diskutiert worden. Vielleicht ahnte da auch niemand, welche Entwicklungen die Verhandlungen für eine Interimslösung im Küchengarten mit sich brachten.
Die alte Tribüne der Eutiner Festspiele ist als fliegender Bau in Form einer Stahlkonstruktion 1976 errichtet worden und seitdem in Betrieb. Da in den letzten Jahren die jährlichen Instandhaltungskosten stetig gestiegen sind, wird es nach dieser langen Nutzungszeit nun erforderlich einen Ersatzneubau zu errichten, um den Spielbetrieb aufrecht erhalten zu können, schreibt die Stadt Eutin. Die Eutiner Festspiele bestehen seit 1951. In dieser Zeit hat sich das in der einmaligen Umgebung des historischen Schlossgartens gelegene Freilichttheater zu einem überregional angesehenen Festspielort entwickelt. Der künstlerische Erfolg der Bühne führte zu einer nach und nach gewachsenen Infrastruktur. Im Laufe ihres Bestehens hat sich die Freilichtbühne ihren festen Platz in dem Kulturensemble Schloss Eutin erspielt und ist im Zusammenspiel von Schloss, Ostholsteinmuseum, Kreis- und Landesbibliothek sowie Schlossgarten zu einem unverzichtbaren Bestandteil des kulturellen Angebotes der Region geworden.
Aus diesen Gründen hat die Stadt Eutin einen europaweiten Realisierungswettbewerb für den Neubau einer Freilichttribüne ausgelobt, den das Hamburger Architekturbüro um Professor Holger Moths gewann. Der Sieger-Entwurf zeigt eine Tribüne mit 1.900 Sitzplätzen, die sich als helle, filigrane und doch schalenförmig präsentiert. Die Idee des Architekten: Die neue Tribüne soll mit dem englischen Landschaftsgarten an ihren Rändern „verschmelzen“ und die historische Uferkante ganz neu erlebbar machen.