Vor der Premiere unterstützte sie den Regisseur dabei, aus einer Vision ein Musical werden zu lassen. Danach passt sie auf, dass alles auch wie geplant funktioniert.
Im Grunde genommen hat Corina von Wedel-Gerlach zwei Leben bei den Eutiner Festspielen: Eines vor der Premiere und eines danach. Denn die 41-Jährige hat zwei verschiedene Berufe hinter den Kulissen. Sie ist nicht nur die Assistentin von Regisseur Tobias Materna bei „Ein Käfig voller Narren“, sondern gleichzeitig auch die Inspizientin des Stückes.
„Als Regieassistentin halte ich dem Regisseur den Rücken frei, damit er sich auf die kreative Arbeit konzentrieren kann“, beschreibt von Wedel-Gerlach ihren Job vor der Premiere. Sie kümmert sich um alle organisatorischen Dinge und ist Ansprechpartnerin für die Schauspieler und die unterschiedlichsten Gewerke. Wie weit ist das Bühnenbild? Wo sind welche Requisiten? Welche Schauspieler sind bei den Proben verhindert und wie muss deshalb der Probenplan umgeändert werden? All das weiß die junge Frau mit den langen blonden Haaren. „Ich kümmere mich um all das, was den Regisseur nerven würde“, sagt sie lachend.
Fernsehteam begleitete von Wedel-Gerlach für eine Dokureihe
Wird der Text geändert, wird an einer Stelle ein eigener Witz eingebaut – Corina von Wedel-Gerlach notiert sich alles. „Bei manchen Dingen habe ich auch ein Mitspracherecht“, schildert die Assistentin des Regisseurs. Dabei kommt ihr ihre Ausbildung zugute. Denn eigentlich plante die gebürtige Münchenerin ihr Leben eher auf als hinter der Bühne.
Deshalb machte sie in Hamburg eine Musical-Ausbildung und studierte Gesang, Tanz und Schauspiel. Einige Jahre lang stand sie auf der Bühne, unter anderem im Showensemble des Kreuzfahrtschiffes „MS Albatros“. Dort wechselte sie hinter die Kulissen und wurde die dortige Entertainment-Managerin. Nimmt man es allerdings ganz genau, war auch das ein Job auf der Bühne. Denn von Wedel-Gerlach wurde einige Jahre lang von einem Fernsehteam für die Dokureihe „Verrückt nach Meer“ begleitet. Im Jahr 2019 holte der damalige Musical-Chef Hardy Rudolz sie zu den Eutiner Festspielen.
Während der Probenzeit sitzt von Wedel-Gerlach meist auf den Publikumsrängen. Das ändert sich mit dem Premierenabend. Sobald sie Arbeit des Regisseurs getan ist, wechselt auch von Wedel-Gerlach die Rolle. Aus der Regieassistentin wird die Inspizientin, ihr Arbeitsplatz ist dann hinter der Bühne. „Dann bin ich der Chef des Abends“, ist ihre kurz Zusammenfassung ihrer Aufgabe. Als Inspizientin überwacht sie, ob für die Aufführung alles bereit ist. Stehen die Requisiten griffbereit an ihrem Platz? Sind Ton- und Bühnentechnik fertig? Sind die Schauspieler so weit? Erst, wenn alles stimmt, gibt von Wedel-Gerlach den Einlass frei. „Ich entscheide, wann die Vorstellung los geht.“
„Ich bin dafür verantwortlich, dass alles glatt läuft“
Während der Vorstellung selbst ist von der Inspizientin höchste Konzentration gefragt. Sie sitzt auf einem kleinen Stuhl in der Tür des Containers der Tontechniker und beobachtet mittels zweier Monitore das Geschehen auf der Bühne und im Orchestergraben. „Ich bin dafür verantwortlich, dass alles glatt läuft“, sagt sie. Stimmen die Auf- und Abgänge der Sänger und Schauspieler, funktionieren die Lichtwechsel? Halten sich alle Darsteller an die Vorgaben des Regisseurs? Über ein kleines Mikrofon kann sie im Notfall direkt Kontakt zu den einzelnen Mitarbeitern aufnehmen und eingreifen.
Bei der Überwachung der Abläufe hilft von Wedel-Gerlach das Regiebuch, dass sie in ihrer Funktion als Regieassistentin erstellt hat. Dort ist detailliert alles notiert. An welcher Stelle des Liedes soll sich das Licht ändern? Welches Wort gibt das Zeichen für den Auftritt eines Schauspielers? Und durch welche Tür betritt dieser die Bühne? An dieser Stelle ist es ein großer Vorteil, dass sie beide Aufgaben im Festspielbetrieb übernommen hat. Welche davon ihr besser gefällt, kann sie gar nicht sagen. „Es hat beides seine Reize“, findet sie. Als Regieassistentin könne sie den Probenprozess begleiten und sei dabei, wie aus einem Puzzle eine Aufführung entstehe. Und als Inspizientin erlebe sie dann die Reaktionen des Publikums auf diese Arbeit.
Selbst auf der Bühne zu stehen, dass vermisst von Wedel-Gerlach inzwischen nicht mehr. Und so verwundert es auch nicht, dass ihr zweites berufliches Standbein neben der Festspielwelt aus einem ganz anderen Bereich kommt. „Ich mache gerade eine Ausbildung zur Heilpraktikerin“, erzählt sie. „Das ist ein guter Ausgleich zum Theater.“ Denn während es dort manchmal wie auf einem wild wuselnden Ameisenhaufen zugehe, könne sie sich als Heilpraktikerin ganz ohne Stress auf nur einen Klienten einlassen.