„Ännchen ist eine fantastische Rolle“
Im Interview: Océane Paredes (Sopran), die in Eutin durch einen glücklichen Zufall ihre erste Solorolle erhielt
Océane Paredes, mit großer Ausstrahlung und einer grandiosen Stimme gesegnete Französin, wird bei den Eutiner Festspielen das Ännchen im „Freischütz“ singen. Regisseur Anthony Pilavachi lobte die aktuell im dänischen Odense lebende Sängerin vor Journalisten in den höchsten Tönen: Sie sei eine perfekte Besetzung für die Rolle der Ännchen, beim Vorsingen hätten er und der musikalischen Leiter der Inszenierung, Leslie Suganandarajah, von ihrem Gesang kaum genug bekommen. Achim Krauskopf von den Eutiner Festspielen sprach mit der Sängerin, der Anthony Pilavachi eine großartige Karriere voraussagt.
Stimmt es, dass Sie die Rolle wegen einer zufälligen Begegnung auf einer Geburtstagsfeier bekommen haben.
Das stimmt, mein Vater hat Anthony Pilavachi bei einer großen Geburtstagsfeier einer gemeinsamen Freundin zufällig kennengelernt. Sie ist eine Kollegin meines Vaters und eine Kindheitsfreundin von Antony Pilavachi. Beide haben beim Essen zufällig nebeneinander gesessen und mein Vater hat erzählt, dass seine Tochter in Dänemark Operngesang studiert. Dann hat er Antony Videos von mir gezeigt, eigentlich ohne Hintergedanken, er wollte nur gerne wissen, was der Experte von meiner Bühnenpräsenz hält. Antony haben die Videos gefallen und er hat meinen Vater gebeten, mir auszurichten, dass ich mich bei ihm melden soll, er wolle mich zu einer Audition einladen. Und so ist es dann gekommen.
Die Audition war im November 2023 in Hamburg. Wie lange haben sie auf die Zusage gewartet?
Ich habe die Zusage am 1. Februar 2024 bekommen. Ich war total überrascht. Es war mein erstes Vorsingen für eine Rolle, und ich hatte gar nicht erwartet, dass ich eine Rolle bekommen würde.
Erzählen sie ein bisschen aus ihrem Lebenslauf.
Ich habe Musikwissenschaften in meiner Heimat in Lyon studiert, danach an der Humboldt-Universität in Berlin. Da hat sich mein Deutsch ein bisschen verbessert. Nach dem Bachelor-Abschluss bin ich zu meinem damaligen Freund nach Apenrade in Dänemark gezogen, wo ich dänisch gelernt und ein Online-Master-Studium in „Französisch als Fremdsprache“ absolviert habe. Im August 2022 habe ich am Syddansk Musikkonservatorium, Danish National Academy of Music, in Odense ein Gesangstudium angefangen und neben dem Studium Französisch für Erwachsene in der Abendschule unterrichtet. Und ich habe begonnen, als Kirchensängerin zu arbeiten. Das ist hier in Dänemark anders als in den meisten anderen Ländern, hier kann man als Kirchensänger eingestellt werden, vor allem in kleineren Kirchen, das ist ein fester Job mit einer festen Gage.
Wie oft müssen Sie da auftreten?
Jeden Sonntag zwei Mal. Ich singe in drei verschiedenen Kirchen. Außerdem bei sehr verschiedenen Gelegenheiten bis zu drei Mal in der Woche, zum Beispiel bei Beerdigungen oder Veranstaltungen mit Kindern oder Feierabend-Gottesdiensten.
Kriegen Sie für die Proben und die Spielzeit in Eutin frei?
Ja, die freuen sich total für mich und haben vorgeschlagen, dass ich zwei Monate frei bekomme und danach wieder zurückkomme. Allerdings bekomme ich in der Zeit keine Gage.
Französisch ist ihre Muttersprache, sie sprechen ganz hervorragend Deutsch, außerdem Englisch – und vermutlich auch Italienisch?
Leider nicht so gut, nein. Aber Spanisch möchte ich gerne noch lernen, ein Opa ist aus Spanien, der Vater meines Vaters, daher auch der spanische Nachname Paredes. Ich möchte gerne, dass er mir Spanisch beibringt. Es gab in den vergangenen Jahren andere Sprachen, die ich lernen musste.
In welcher Sprache träumen Sie?
Oh, das kann ich gar nicht sagen. Früher habe ich mal bemerkt, dass ich in vier Sprachen geträumt habe, ich habe Kopfschmerzen und Schlafstörungen davon bekommen. Das ist vorbei. Jetzt habe ich keine Ahnung, in welcher Sprache ich träume, das muss ich echt zugeben.
Haben Sie schon mal vor einem großen Publikum gesungen, zum Beispiel wie in Eutin vor 2000 Menschen?
Nicht als Solistin, aber ich habe lange in Lyon im Kinderchor, dem La Cigale de Lyon, gesungen und wir sind bei vielen Festivals aufgetreten, wo wir vor mehr als 2000 oder 3000 Leuten gesungen haben. Auch mit dem nationalen französischen Jugendchor, dem Choeur National des Jeunes, hatten wir häufig großes Publikum.
Wie haben Sie sich auf ihre erste Opernrolle vorbereitet?
Ich habe viel darüber nachgedacht und ich denke, ich habe es ganz klassisch gemacht. Ich habe erst einmal meine Partie allein einstudiert, dann viel mit Korrepetitoren zusammengearbeitet, die mir sowohl bei der musikalischen Interpretation als auch bei meiner deutschen Aussprache geholfen haben. Außerdem habe ich mir sehr viele verschiedene Aufnahmen angehört und mir sehr viele Gedanken über die Rolle des Ännchens gemacht: Was hat sie für einen Charakter, in welcher Beziehung steht sie zu den anderen Personen in dem Stück? Das ist auf jeden Fall sehr spannend und aufregend für mich, zum ersten Mal eine komplette Rolle zu lernen.
Hätten Sie vielleicht lieber eine andere Partie gesungen?
Nein, Ännchen ist eine fantastische Rolle, sie ist sehr lieb und bietet in der Darstellung so viele Möglichkeiten. Alle mögen sie gerne, sie ist nett und lebhaft, und auch gesanglich ist sie eine superinteressante Rolle für mich. Sie hat ein bisschen Koloratur, aber sie liegt auch in der mittleren Stimmlage, die man nicht so oft benutzt.
Waren Sie schon einmal in Eutin?
Nein, niemals, und ich freue mich sehr, ich habe im Internet gesehen, dass es sehr schön sein muss. Ich freue mich total. Um ehrlich zu seien: Ich hätte es mir für meine erste Rolle nicht besser vorstellen können, das Ganze an einem so schönen Ort zu singen. Ich kenne keinen von den anderen Sängerinnen und Sängern und ich freue mich riesig, sie alle zu treffen, das gilt natürlich auch für den Dirigenten Leslie Suganandarajah und Anthony Pilavachi.
Vielen Dank. Wie sind sicher, dass in Eutin für Sie eine große Karriere beginnen wird und drücken Ihnen alle Daumen.