Absoluter Genuss
Giacomo Puccinis "Madama Butterfly" kehrt nach zwei Jahrzehnten zurück auf den Grünen Hügel in Eutin
Auch wenn nicht alle Plätze verkauft waren und man sich fragte, wie das bei einer Premiere dieser Güte angehen kann, bleibt festzuhalten, dass der Besucher ein nahezu perfektes Opernerlebnis in bestechender Naturkulisse erleben darf. Ein nicht gerade warmer Sommerabend, doch die großartige Bühnenarchitektur, sparsam wie reflektiert, empfängt den Besucher und führt ihn in die fernöstliche Welt. Übergroße Bambusstäbe akzentuieren den Raum, eine schlichte japanische Brücke (ihr großes Pendant steht einige hundert Meter weiter im Eutiner Schlossgarten) führt Solisten wie Chor auf die Bühne. Ein zentrales Tor akzentuiert die mit bespannten Schiebetüren nachempfundene Minka-Architektur, der geharkte Sand des Zen-Gartens umschließt ein zentrales Rondell. Ein sparsam dekorierter Stars-and-Stripes-Thron sowie eine Scotch Reisebar stehen stellvertretend für das Eindringen der westlichen Rigidität in die fernöstliche Ästhetik.
Vom ersten bis zum letzten Ton dirigiert Hilary Griffiths einfühlsam (auswendig!), lässt Puccinis dramatischer wie lyrischer Tonfülle den Raum, den sie zur Entfaltung braucht. Einzelne Motive kommen akzentuiert in den Orchesterstimmen durch, dynamische Akzente unterstützen die Stärken der auf der Bühne bravourösen Künstler.
Unglaubliche Präsenz gepaart mit einer wunderschönen Stimme zeichnen die Ukrainerin Tetiana Miyus in der Titelrolle aus, auch Timothy Richards in der Rolle des Offiziers Pinkerton überzeugt mit wunderbar weichem Timbre und darstellerischer Leistung. Allen Musikern gehört ein großes Lob – das war ein absoluter Genuss filigraner Ästhetik.
Neben dem großartigen Bühnenbild führen auch die Klarheit der Kostüme sowie die wunderbare Lichtführung, die die Szenerie gefühlvoll in die Naturkulisse einbettet, zum Gesamtkunstwerk. Es gibt viele kleine Höhepunkte – emotional sicherlich auch die Empfindungen der Besucher, als eine Amsel oberhalb des C-Blocks der Tribüne – sozusagen im Duett mit Madame Butterfly – zu Beginn des zweiten Aktes erstaunlich lange stimmlich durchhält.
Was macht es da schon, dass ein Hubschrauber die Szenerie ins Hier und Jetzt setzt – bollernde Bässe aus dem Schlossgarten, die recht schnell abgestellt werden, können die Begeisterung der Gäste nicht einschränken. Standing Ovations und wunderbare Blumensträuße für die Akteure – verdient. Ich wünsche den Festspielen und ihren Verantwortlichen eine wunderbare weitere Spielzeit und viel Fortune beim Neubau der Tribüne!
Dr. Juliane Moser, Fissau