Worauf sich das Publikum bei „Madama Butterfly“ freuen darf und wer noch gesucht wird
Nagasaki in Eutin
EUTIN | Die 71. Spielzeit der Eutiner Festspiele ist eine besondere: Nicht nur, weil im zweiten Jahr nach Corona der Kulturgenuss fürs Publikum aller Voraussicht nach wieder entspannter organisiert werden kann, sondern auch, weil es die letzte Spielzeit mit der alten Tribüne sein wird.
„Wir sind im Endspurt für den Probenbeginn“, sagt Anna-Luise Hoffmann, neben Falk Herzog Geschäftsführerin der Eutiner Festspiele. Das Ensemble für das Musical „Ein Käfig voller Narren“ beginnt nächste Woche mit den Proben. Das Ensemble für die Puccini-Oper „Madama Butterfly“ beginnt am 20. Juni. Opern-Regisseur Igor Folwill und Hilary Griffiths als Musikalischer Direktor sind bereits in Eutin, um die letzten Details des Bühnenbildes mit dessen Erbauer Jörg Brombacher. Und sie sind sichtbar zufrieden: Es sei schön, wie die Aufbruchsstimmung bei den Eutiner Festspielen zu spüren sei und was alles möglich gemacht werde. Folwill sehe viele Theater im Land und die positive Entwicklung in Eutin sei keineswegs selbstverständlich oder normal.
Russische Solistin sagt ab, Ukrainerin sagt zu, doch auf der Bühne sind Nationalitäten egal
„Wir haben eine Traumbesetzung, da bin ich sicher und dafür danke ich dir“, sagt Regisseur Folwill und schaut zum musikalischen Leiter Hilary Griffiths. Ihm war es nach der relativ kurzfristigen Absage von Alyona Rostovskaya (spielte die Mimi in La Boheme) gelungen, Tetiana Miyus für die Hauptrolle der „Cio-Cio-San“ (später Madama Butterfly genannt) zu gewinnen. „Es ist ironisch in dieser Zeit, dass wir eine russische Solistin verlieren, weil sie an ihr Haupthaus vertraglich gebunden ist, und eine ukrainische Solistin für die Hauptrolle gewinnen können“, denkt Hilary Griffiths laut. Aber Theater sei international und unter den Künstlern haben im guten Miteinander Nationalitäten nie eine Rolle gespielt, sagt Geschäftsführer Falk Herzog dazu. Auch in dieser Spielzeit seien mit Solisten, Chor und Orchester mehr als 30 Nationalitäten in der Opernscheune engagiert.
Nebenjob für junge Talente
Für die Opernaufführung wird ein Junge gesucht - auch Servicemitarbeiter fehlen
Der kleine Junge, der in Madama Butterfly zwar keine Gesangsrolle aber eine entscheidende Figur spielt, wird noch mindestens eine Besetzung gesucht. Regisseur Igor Folwill sucht dafür ein (am liebsten blondes) Kind ab sechs Jahren, dass nicht nur bei den neun Aufführungen, sondern auch den drei Endprobenterminen dabei ist. Vor und hinter der Bühne werde der jüngste Darsteller gut umsorgt, versichern die Eutiner Festspiele.
Außerdem braucht der Kulturbetrieb dringend weitere Service-Kräfte und Ordner: Abiturienten oder jeder andere ab 18 Jahren sei herzlich willkommen, das Team beim Empfang sowie im Service zu unterstützen. Bewerbungen bitte an bewerbung@eutiner-festspiele.de. oha
Hilary Griffiths hatte seine Finger auch bei der Besetzung der männlichen Hauptrolle im Spiel: Timothy Richards wird den amerikanischen Soldaten Pinkerton spielen, der dem jungen Mädchen den Namen Madama Butterfly gibt, weil er in ihr nur das exotische Abenteuer sieht und, wie der Regisseur es umschreibt, „ein paar mal fliegen will, bis er sie fallen lässt“. Die Tragödie, auf der in dieser Puccini-Oper der Fokus liege, sei dann perfekt, wenn alle Handlungsstränge auf das Unglück hinauslaufen, wohlwissend, dass es dazu kommen werde, so Folwill.
Preisgekrönte Besetzung der Hauptrollen auf der Seebühne
Mit der preisgekrönten Besetzung der Hauptrollen sei er sehr glücklich, macht der Regisseur deutlich. Eine Herausforderung sei es allerdings, ein Kind zu finden, das an der Tragödie nicht ganz unbeteiligt ist und überzeugend spielen könne. Denn wirklich tragisch ist die unerfüllte Liebe, die Madama Butterfly für den Soldaten Pinkerton empfindet. Aus seinem Abenteuer mit ihr geht ein Kind hervor, von dem Pinkerton nichts weiß und auch nichts wissen will, als er Jahre später aus Amerika mit seiner angetrauten Mrs. Pinkerton zurück nach Nagasaki kommt. Madama Butterfly weiß keinen anderen Ausweg als ihre Schmach und unerfüllte Liebe mit de Tod zu beenden. Allein zurück bleibt das Kind.
Hilary Griffiths freut sich über voll besetztes Orchester
Musikalisch fängt Puccini den „Cultural Clash“ ein, indem er zwei musikalische Sphären aufeinandertreffen und neben den Referenzen an westliche Hörgewohnheiten auch fernöstliche Klänge in die Melodik einfließen lässt. Möglich wurde ihm das, weil er auf europäische Notensammlungen transkribierter japanischer Melodien zurückgreifen konnte, wie die Eutiner Festspiele herausgefunden haben. Die Partitur von Hilary Griffiths zeugt davon, dass er Madama Butterfly schon oft dirigiert hat. „Ich bin seit 21 Jahren bei den Eutiner Festspielen mit dabei und diese Oper von Puccini hatten wir 1999 und 2000“, sagt er.
Die Inszenierung des japanischen Gartens in Eutin wird besonders
Aller guten Dinge sind drei und dass die Inszenierung 2022 etwas Besonderes wird, daran bleibt kein Zweifel, als der Regisseur mit Bühnenbauer Jörg Brombacher ins Debattieren kommt, wie die strenge Reglementierung sinnbildlich im japanischen Steingarten auf einer Bühne realisiert werden könne, die im Wechsel auch für ein Musical – tanzbar und steinfrei – nutzbar sein muss. Gummi-Granulat könnte eine Lösung sein, das staube nicht, was den Stimmen schaden würde. Und apropos Stimmen und Musik: Griffiths freut sich über einen vollbesetzten Orchestergraben mit 60 Musikern und einen großen Chor.