Max Raabe begeistert das Publikum
Kommt „Mein kleiner grüner Kaktus“ zum Vortrag oder nicht? Im Publikum spielt diese Frage vor dem Einlass zum Konzert von Max Raabe auf der Eutiner Freilichtbühne am Sonntagabend durchaus eine Rolle. Zwar ist die Zuhörerschaft altersmäßig sehr gemischt, doch ein gewisser Überhang in Richtung 50+ lässt sich durchaus erkennen.
Vor allem aber ist das Publikum zahlreich, die coronabedingt auf 940 Plätze reduzierte Tribüne ausverkauft. Der Blick auf die Bühne vor Beginn lässt ahnen, dass hier recht altmodisch musiziert wird: Konzertflügel, Kontrabass, Tuba, Jazzgitarren, Banjo und Bigband-Pulte für die Bläser bestimmen das Bild. Komplettiert wird es, als die Akteure die Bühne betreten – Max Raabe und elf Herren im gesetzten Alter im Smoking mit weißen Hemden und Fliege, nur Geigerin Cecilia Crisafulli fällt mit ihrem türkisfarbenen Abendkleid farblich aus dem Rahmen.
Das Programm ist eine Mixtur aus eigenen Stücken und alten Klassikern, die im Wesentlichen dem Programm seiner letzten CD „MTV Unplugged“ folgt. Die historischen Schlager und Chansons kommen aus den späten 20er- und früher 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts: „Wochenend und Sonnenschein“, „Just A Gigolo“, „Mackie Messer“ und ähnliche wechseln sich ab mit Raabe-Eigenkompostionen wie „Fahrrad fahr’n“, „Der perfekte Moment... wird heut verpennt“ oder „Ich geh’ durch den Park an einem Donnerstag“.
Gespickt mit trockenem Humor
Die Conférence zu den Klassikern besteht meist nur aus der Ansage des Titels, der Autoren und des Erscheinungsjahres. Für die eigenen Titel nimmt er sich etwas mehr Zeit und philosophiert mit seiner typischen Mischung aus gespielter Steifheit und pointiertem, knochentrockenem Humor über Alltägliches: das Glück, die Liebe oder das Verhältnis von Relativitätstheorie und Deutscher Bahn. Auch in seinen Liedtexten erweist er sich als Meister des skurrilen Kurzreimes: „...und so ein Kranich / wär ich lieber gar nich...“
Palastorchester strotzt nur so vor Spielfreude
Das Palastorchester agiert mit viel Spielfreude und -witz, auch die Tontechnik ist exzellent und überträgt das alles perfekt. Lange dauert es daher nicht, bis Raabe die Menschen auf den Rängen auf seiner Seite hat. Ein kleiner Hänger gar („Ich war schon lange nicht mehr auf der Bühne – wie war noch mal der Text?“) wird mit spontaner Sympathiebekundung aus dem Publikum quittiert. Entsprechend frenetisch ist der Schlussapplaus – und natürlich kommt bei den Zugaben dann doch noch der kleine grüne Kaktus.
Und zu guter Letzt wird aus den Instrumentalisten, die sich auch während des Konzerts schon als sehr vielseitig gezeigt haben, bei „Donna Maria“ noch ein kleiner Chor, der den perfekten Schlusspunkt für das Konzert setzt.
Diesmal spielt auch das Wetter mit
Nur „Kein Schwein ruft mich an“ wurde nicht gespielt. Was wohl kaum für große Enttäuschung bei der Zuhörerschaft an diesem schönen Abend gesorgt hat. Denn nicht zuletzt spielte auch das Wetter mit – der Himmel war durchweg bedeckt, aber es blieb trocken und mild. Das freute nicht zuletzt Max Raabe und seine Musiker. Zwar hatten sie nach langer Corona-Pause schon am Sonntag zuvor das erste Mal seit März 2020 wieder ein Konzert gegeben. Doch die Vorstellung auf der Bremer Seebühne fiel nach 20 Minuten wegen Starkregens buchstäblich ins Wasser.
Bis zu seiner Rückkehr nach Eutin am 2. September dürfte Raabe den Auftritt auf der Festspielbühne auch deswegen in guter Erinnerung behalten. Karten gibt es allerdings nicht mehr. Das Zusatzkonzert ist bereits ausverkauft.