Tribüne im Schlossgarten wird drei Millionen Euro teurer
Bei der europaweiten Ausschreibung gab es erst keine Gebote von Firmen, nur ein Interessent meldete sich nach einer Fristverlängerung.
Gleich zwei Großprojekte in Eutin bereiten den Verantwortlichen erhebliche Probleme. Auf die europaweiten Ausschreibungen für die neue Tribüne im Schlossgarten und für die Erweiterung des Kreishauses gab es im ersten Anlauf kein einziges Gebot. Es fanden sich keine Firmen, die diese Vorhaben umsetzen wollten. Nach einer Fristverlängerung bis zum 30. November ist für den Tribünenbau nun ein einziges Angebot eingegangen – verbunden mit drei Millionen Euro Mehrkosten.
Bauherrin der Tribüne ist die Stadt Eutin, Nutzer sind vor allem die Eutiner Festspiele. Die alte Tribüne, lange schon marode, ist inzwischen abgerissen. Die Festspiele planen 2023 eine Interimssaison ohne eigene Produktion, dafür mit vielen Konzerten auf dem Schlossparkplatz, um das Baufenster zu strecken. Im Sommer 2024 wollen sie mit Oper und Musical wieder im Schlossgarten durchstarten.
Preisschock im Ausschuss
Bauamtsleiter Oliver Bauch nannte im Bauausschuss das eingegangene Angebot nach der Fristverlängerung „schon mal positiv“. Alles Weitere wolle er lieber im nichtöffentlichen Teil erläutern.
Kein Wunder: Dass das Hauptgewerk mit Betonschale und Tribüne drei Millionen Euro mehr als gedacht kosten soll, sei für die Ausschussmitglieder erst einmal ein Schock gewesen, berichtete ein Teilnehmer. Für das gesamte Bauvorhaben hatte die Bauverwaltung zuletzt eine Summe von 9,2 Millionen Euro genannt. An Fördermitteln hat die Stadt rund 5,5 Millionen Euro in Aussicht – muss dafür aber alle Maßnahmen bis Ende 2024 fertiggestellt und abgerechnet haben.
Man wolle die Festspiele nicht untergehen lassen, sei letztlich der Tenor im Bauausschuss gewesen, hieß es. Was also tun? Eine erörterte Option: Die Bauverwaltung soll versuchen, den Hamburger Anbieter, ein Hoch- und Tiefbau-Unternehmen, „runterzuhandeln“.
Das Unternehmen könne, so verlautete, seinen Teilbereich im Bauablauf – die Verschalung vor Ort und das Gießen der Schale, quasi alle Betonbauarbeiten oberhalb der Sohle – mit Jahresbeginn 2023 aufnehmen und im vorgesehenen zeitlichen Rahmen erledigen. Eine andere Variante: eine Gründung mit Bodenplatte, darauf eine Stahlkonstruktion.
Für Festspiele-Geschäftsführer Falk Herzog „liegt der Ball im Feld der Politik. Sie muss entscheiden, ob sie bereit ist, die Mehrkosten für diesen Bau auszugeben. Wenn nicht, werden wir Alternativen vorstellen“. Am Freitag, 9. Dezember, soll ein Sonder-Bauausschuss zum Tribünenbau stattfinden. Die Stadt Eutin teilte auf Anfrage mit, sie gehe davon aus, die Tribüne wie geplant realisieren zu können.
Falk Herzog führt die drei Millionen Euro Mehrkosten auf die allgemeine Marktsituation zurück. „Das Projekt hat zudem eine schwierige Größe. Es ist zu groß für kleine Betriebe, zu klein für Hoch-Tief. Noch dazu ist es ein sehr anspruchsvolles Bauvorhaben.“ Bei vielen Unternehmen seien die Auftragsbücher auch gut gefüllt, sie nähmen lieber einfache Projekte an als ein schwieriges, risikobehaftetes.
Kreishaus-Erweiterung: keine Angebote für Holzbau
Dass auf Ausschreibungen keine Angebote eingehen, „ist heute leider kein Einzelfall mehr, sondern eher der Normalfall“, sagt Nils Hollerbach, Leiter des Fachbereiches Planung, Bau und Umwelt beim Kreis Ostholstein. Beim Erweiterungsbau im Innenhof des Kreishauses wollte der Kreis als Bauherr die Arbeiten für die Holz-Hybrid-Konstruktion vergeben. Auch dort gab es im ersten Anlauf kein einziges Gebot. Beim Holz-Hybrid-Bau werden Holz und Beton kombiniert. Hollerbach nennt das „nachhaltig bauen, wie mit Lego. Alles, was trägt, ist aus Holz.“
Genau da liegt ein Teil des Problems. Die Betonteile habe der Kreis bereits, jetzt fehle der kompliziertere Holzbau. „Es gibt nur eine begrenzte Anzahl an Firmen dafür am Markt, und die haben die Bücher voll“, sagt der Fachbereichsleiter. Zumal die Holz-Hybrid-Bauweise im Trend liege. Aber Hollerbach sieht noch andere Gründe für die fehlenden Angebote: „Den Firmen fehlen die Kalkulatoren.“ Mitarbeiter, die die Anforderungen von 200 Seiten dicken Standardleistungsbüchern der öffentlichen Hand berechnen könnten.
Nachverhandlungen sollen Erfolg bringen
Der Kreis ist in Sachen Erweiterungsbau jetzt ins sogenannte Verhandlungsverfahren eingestiegen. Wenn die europaweite Ausschreibung gescheitert ist, darf ein öffentlicher Auftraggeber Bietergespräche führen. Es gebe ein paar Firmen, die bereits für den Auftrag kalkulieren, sagt Hollerbach. Die hätten aber um eine Fristverlängerung gebeten, die ihnen auch gewährt wurde. Er hofft, dass die ursprünglich für 25. November vorgesehene Submission, also die Vergabe, mit einiger Verzögerung erfolgen kann. Dann könnte es mit dem Bau weitergehen.