„Ein Käfig voller Narren“ feiert Freitagabend Premiere auf der Seebühne
Wer sagt eigentlich, dass eine „gute“ Mutter Eierstöcke und Brüste haben und ein Vater als „richtiger“ Mann auch männlich sein muss? Wer maßt sich an zu beurteilen, welcher Mensch „normal“ ist und wer nicht? Und warum überhaupt? Gut 300 Schüler zwischen der neunten und zwölften Klasse der Malenter Schule an den Auewiesen sowie des Eutiner Voß-Gymnasiums, der Weber- und der Wisser-Schule waren von Round Table eingeladen, bei der Orchesterprobe des Kult-Musicals „Ein Käfig voller Narren“ (La cage aux folles) bei den Eutiner Festspielen zuzuschauen.
„Ich bin gespannt, wie mit dem Thema der gleichgeschlechtlichen Liebe umgegangen wird“, sagt eine 15-jährige Schülerin aus Eutin. Ihre Freundinnen haben die Regebogenfarben an Pulli oder Hosenträgern. Sie gelten heute als die Farben der LGBTQ und stehen für die Freiheit der Lesben und Schwulen in aller Welt. Die 15-Jährige habe selbst das Gefühl, nicht im richtigen Körper zu stecken. Realisiert habe sie das während der Lockdowns, „als Zeit war, auch in sich hinein zu hören“.
Gut 300 Schüler schauen bei der Orchesterprobe zu und sind begeistert
Eine andere 15-Jährige sagt, dass ihre Eltern zum Glück nicht so streng seien, in anderen Ländern aber lasse die Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren sehr zu wünschen übrig. In ihrem Bekanntenkreis und Umfeld sei es akzeptierter, sagen die Jugendlichen. „Und trotzdem ist es doch traurig, dass wir heute noch mit den gleichen Klischees von vor 50 Jahren zu tun haben?!“, meint eine andere Schülerin.
Wieder andere stellen sich diese Fragen nicht. Sie wollen sich für die Theater- oder Musical-AG ihrer Schule abschauen, wie die großen Stars tanzen, singen und sich bewegen. „Erst kam Corona und wir durften nicht viel spielen und ausprobieren und nun kommt die Pubertät und da ist vieles komisch“, sagt Lehrerin Petra König. Sie hofft darauf, so die Spielfreude der jungen Menschen wieder zu wecken.
Ob hetero oder schwul: Gleiche Probleme in Beziehungen
Das Tor geht auf, das Orchester spielt die Ouvertüre, die Show beginnt. Zwischen Glitzer, Humor und buntem Treiben auf der Bühne wird dem Zuschauer schnell klar, dass es hinter der großen Show des Nachtclubs um die gleichen Lebensfragen geht, wie im eigenen Alltag. Bühnenbauer Jörg Brombacher hat für den jeweiligen Ortswechsel ein drehbares Bühnenbild konstruiert – auf der einen Seite Showtreppe, auf der anderen Seite Wohnzimmer des homosexuellen Paares Albin/Zaza (Uwe Kröger) und Georges (Livio Cecini).
Beide sind eigentlich glücklich, aber mit dem Wunsch ihres Sohnes (aus einem Seitensprungs vor 24 Jahren von Nachtclubbetreiber Georges) ein Mädchen zu heiraten, stößt das Pärchen an die Grenzen. Das Problem: Der Vater der angebeteten Anne (Jasmin Eberl) ist der erzkonservative Monsieur Dindon, der Nachtclubs und am liebsten auch das Schwulsein verbieten will.
Wie können Schwule plötzlich männlich genug sein für Erzkonservative? Soll sich Albin verstecken, leugnen, wer er ist, um nicht die Ehe seines Sohnes zu gefährden? Und wird am Ende doch noch alles gut, wenn Monsieur Dindon spontan von der Domina übers Knie gelegt und mit Peitschenhieben über Eutins Bühne getrieben wird? Am Ende, so viel sei verraten, stirbt hier niemand, es ist ja keine Oper. Aber es kommen starke Gefühle, noch stärkere, nachdenklich machende Zeilen im Klassiker „Ich bin, was ich bin“ und die Erkenntnis, dass Liebe am Ende doch stärker ist als erzkonservative Ansichten.
Schüler finden es „richtig cool“ und hoffen, Eutin wird so toleranter
Und was sagen die Schüler? „Ich fand es richtig gut, auch die Tanzeinlagen. Es zeigt, dass es eben egal ist, was die Menschen denken. Das war richtig gut und modern“, sagt Jara. Für viele in Eutin sei vermutlich nur die Liebe zwischen Mann und Frau „normal“, schätzt die Schülerin. Vielleicht sei es etwas gewagt für die Eutiner, aber es könnte aus Schülersicht auch etwas verändern. Es wäre schön, wenn sich das Stück ganz viele anschauen und Eutin so toleranter werde, sagt sie.