"Der Freischütz" von Anthony Pilavachi
Starregisseur Anthony Pilavachi will mit seiner Inszenierung ein neues Publikum anziehen
„Der Freischütz“ ist nicht nur die bekannteste Oper des in Eutin geborenen Komponisten Carl Maria von Weber, sondern auch das Stück, das untrennbar mit der Geschichte der Eutiner Festspiele verbunden ist. Deshalb haben die Verantwortlichen der Festspiele für die Neuinszenierung in diesem besonderen Jahr – der ersten Spielzeit mit neuer Tribüne – zwei Männer verpflichtet, die sich international einen Namen gemacht haben: Regisseur Anthony Pilavachi inszenierte bereits in den USA, Südamerika und Taiwan; der Musikalische Leiter Leslie Suganandarajah ist Musikdirektor am Salzburger Landestheater. (Hier geht's zu einem Interview mit den beiden).
Schwierig und zugleich reizvoll
„Der Freischütz ist das schwierigste Stück, das man in Eutin inszenieren kann und das macht es gleichzeitig so reizvoll“, sagt Anthony Pilavachi. Gleichzeitig sei es der Anspruch des Teams mit Bühnenbildner Jörg Brombacher und Kostümbildnerin Cordula Stummeyer, etwas Neues für diesen Ort zu machen, „das erfahrenen Opernbesuch nicht verschreckt, junges Publikum aber begeistert wiederzukommen“.
Ein großer Garant für eine gelungene Inszenierung seien die passenden Stimmen, und von denen ist der Regisseur überzeugt. „Wir haben eine wunderbare Mischung aus Debütanten und erfahrenen Opernsängern. Leslie Suganandarajah und ich sind überzeugt davon, dass sich die Debütanten in den nächsten Jahren einen Namen machen und man von ihnen auf großen Bühnen hören wird“, sagt Anthony Pilavachi und schwärmt von den Besetzungen des von Versagensängsten geplagten und vom Krieg traumatisierten Max (Marius Pallesen); der Solistin Océane Paredes als Ännchen und Ann-Kathrin Niemczyk als Agathe.
Eine Entdeckung
„Ännchen ist wirklich eine Entdeckung und perfekt für diese Rolle“, schwärmt der Regisseur. Beim Vorsingen habe die Jury gar nicht genug von ihr bekommen können. Tiefe Pilavachi verwendet „sensationell“ und „besonders beeindruckend“ bei der weiteren Beschreibung der Besetzung.
Eine Überraschung dürfte auch die Besetzung des Samiels sein: „Samiel wird bei uns ein androgynes Wesen sein, gespielt von einer Frau, die durch ihre Texte und hörbaren Gedanken dem Stück mehr Tiefe verleiht.“
Webers Kernaussagen
Ihm gehe es darum, an die Kernaussagen Webers zu gelangen: Was hat der für seine Nationaloper gefeierte Komponist ausdrücken wollen? „Es handelt sich beim Freischütz um sehr deutschen Stoff: Was ist der deutsche Wald eigentlich, was bedeutet Glaube, wer ist der Teufel und wie gehen die Deutschen mit Neid gegenüber anderen um?“, erklärt der Regisseur.
So wie Weber selbst zeitlebens ein angstgeplagter Mann gewesen sei, sei Max im Stück von Versagensängsten geprägt. „Mit Ännchen verarbeitet Weber einen Teil der Beziehung zu seiner Frau. Es geht um die Fehler, die Frauen in einer Beziehung machen und so vielleicht den idealen Mann verpassen“, erklärt der Regisseur.
Eine von Gott verlassene Welt
Die Handlung schwebe zwischen den Welten, im Jetzt, der Vergangenheit und in der Phantasiewelt. „Wir spielen in einer von Gott verlassenen Welt. Während in Bregenz fertige Häuschen wie bei Hänsel und Gretel gezeigt werden, werden unsere skeletthafte Baustellen, nicht ganz fertig, nicht ganz kaputt sein“, beschreibt der Regisseur die Idee, die Bühnenbauer Jörg Brombacher mit seinem Team umsetzt.
Und nicht nur er: Das enge Korsett, in dem alle im Kleinbürgerlichen gefangen sind, setzt sich in den Kostümen von Cordula Stummeyer fort. (Mehr zur Kostümbildnerin hier.)
„Wenn sie den Herrenchor in zu engen Anzügen sehen, ist das gewollt“, sagt sie. Auch werde der Chor als „einheitliche Masse“ des Volkes erkennbar sein, die lautstark reagiere und sich über die Schwächeren amüsiere, anstelle selbst in den Spiegel zu schauen, erklären Regisseur und Kostümbildnerin. Verstärkt werde der Effekt durch eine Maske, die aufgeschminkt in fast jedem Gesicht zu sehen sein werden.
Premiere am 19. Juli
Besonders düster und blutig soll der zweite Akt werden: Särge, Skelette, eine über allem schwebende Spinne als Sinnbild für Gefahr und Pyrotechnik sollen der Wolfsschluchtszene eine ganz besondere Wirkung verleihen. Wer sich selbst ein Bild machen will, kann ab der Premiere am 19. Juli um 20 Uhr ganze neun Aufführungen des Freischütz‘ erleben.